Gesangverein Alberweiler e.V.

Interview - 50-jähriges Jubiläum - B. Mayer-Leger

50 Jahre Männergesangverein Frohsinn Alberweiler –  Walter Neubrand erinnert sich.

Zur Person Walter Neubrands: er ist seit 1965 Sänger im Männerchor in  Alberweiler;  war zwischen 1973  bis 2003 - 30 Jahre!!! 1. Vorsitzender des Vereins; zwischen 2003 und 2013 hatte er den Regionsvorsitz der Sängerregion Biberach/R., war Mitglied im Oberschwä-bischen Chorverband. Von 1978  bis Ende 2015 war er im Ehrenamt verantwortlich für den Pfarrstadel Alberweiler. Ehrenamtlich erstellte und verwaltete er in den letzten 50 Jahren das Archiv des Vereins.

 

F: Herr Neubrand, 50 Jahre Männergesangverein Frohsinn Alberweiler, da gibt es sicherlich Einiges zu berichten!

N: Tja, das fängt schon an mit dem Alter des Gesangvereins. Er wurde 1934 als Männergesangverein gegründet, eigentlich müsste das 80jährige gefeiert werden!!! Durch verschiedene Umstände u.a. dem 2. Weltkrieg, kam der Gesang vereinsmäßig bis nach dem Krieg zum Erliegen. Meines Wissens wurde der Verein aber nie aufgelöst. Anfang der 1960iger Jahre hat sich dann eine kleine Gruppe ehemaliger Sänger aufgemacht und neue Mitsänger geworben. So kam es 1965 zu einer erneuten Gründungsversammlung mit Satzungsgebung – deshalb 2015  50 Jahre Gesangverein Frohsinn Alberweiler.

F: Wie sah die Führung des Vereins aus?

N: Im Gegensatz zu manchen anderen Vereinen hatte der Verein wenig Wechsel in den letzten 50 Jahren. Vor mir war Hans Becher Jr. acht Jahre 1. Vorstand; ich selbst hatte das Amt 30 Jahre inne. Nach mir übernahm für 10 Jahre Eugen Burger das Amt. Seit 2013 ist Wolfgang Gutmann, anfangs kommissarisch, seit 2014 gewählter 1. Vorsitzender.

F: Wenn Sie seit Beginn als Sänger im Chor waren, dann können Sie sicher auch Einiges über die Chorleiter der vergangenen 50 Jahre berichten?

N: Ja, denn das waren auch nicht allzu viele. Der erste Chorleiter war Oberlehrer Alfred Dreher, der im Ort schon den Kirchenchor als gemischten Chor geleitet hatte. Er hielt dem Chor die Stange auch in schwierigen Zeiten. Er war beruflich nach Baindt versetzt worden. Von dort fuhr er fast ein Jahr zur Probe nach Alberweiler.

Ihm folgte 22 Jahre lang Fridolin Rauscher aus Tiefenbach, der als junger Chorleiter frisch von der Ausbildung, bei uns begann. Unter ihm vergrößerte sich die Sängerschar, steigerte sich die sängerische Qualität des Chores. Es wurden Konzerte gegeben im Pfarrstadel, Kurkonzerte in Bad Buchau, bei benachbarten Chören und über die Region hinaus wurde gesungen. Jahrelang sangen wir Männer das Tag-Wach-Singen am 1. Mai im Ort. Da wurden ab dem frühen Morgen an verschiedenen Stellen im Ort Morgen- und Frühlingslieder gesungen. Auch im Radio, damals noch SDR, sangen wir mehrmals in der Sendung „Morgenläuten“.

F: Gab es besondere Highlights für den Chor unter Dirigent Fridolin Rauscher?

N: Mir fallen da drei größere Dinge ein. Da war zuerst 1975 das 10 jährige Jubiläum des Vereins, das damals groß gefeiert wurde mit Festzelt, Umzug und Fahnenweihe und 1985 gab es das „Ölseefest“, wo der Verein mit Gesang und Sketchen am Ölsee in Alberweiler an die Gründung der Sprache Volapük (Vorgänger von Esperanto) erinnerte. Das absolute sängerische Highlight war aber im Mai 1992 der 1. Platz unter 60 Chören  beim Oberschwäbischen Chorwettbewerb in Ochsenhausen mit dem Chorsatz „Blauer Mond“  (Musik: Wilhelm Heinrichs; Text: Heinz Haubrich).  Das war für alle unwahrscheinlich aufbauend, wurden  doch damals Dirigent und Chor immer wieder wegen der modernen Chorliteratur kritisch angesehen.

Ach und das „Stadellied“ hätte ich fast vergessen. Es entstand als Dankeschön für eine Chorzusammenarbeit mit dem Eßlinger Kirchenchor. Der dortige damalige Chorleiter Horst Sanquinette komponierte und textete  es 1985 als mehrstimmigen Chorsatz als Lob auf den Pfarrstadel.

F: Stichwort Pfarrstadel. Was hat der Stadel mit dem Gesangverein zu tun?

N: 1978 wurde der Pfarrstadel von den örtlichen Vereinen, dem Gesang- und Sportverein, gemeinsam renoviert und von Beginn an auch gemeinsam ehrenamtlich verwaltet. Anfangs nur von den Vereinen genutzt, entwickelte er sich inzwischen zu einem überregional bekannten Festraum mit eigener Küche. Manchmal waren es bis zu 50 Veranstaltungen im Jahr von privaten Festen bis hin zu künstlerischen Darbietungen und politischen Veranstaltungen.

Im Pfarrstadel fand seit 1979 auch das „Staatstheater Alberweiler“ statt. Über rund 10 Jahre wurden unter meiner und Erwin Bürk`s Regie Sketche, kurze Theaterstücke  und Musik-sketche an Wochenenden in der Fastnachtszeit  gespielt. Auch dabei setzten sich die Protagonisten aus Mitgliedern beider Vereine zusammen.

Ja und alle Veranstaltungen der Chöre im Ort finden und fanden im Pfarrstadel statt!

F: Zurück zu den Chorleitern….!

N: Relativ nahtlos vollzog sich der Wechsel 1994 vom Chorleiter Fridolin Rauscher zum Chorleiter Wolfgang Hirsch aus Biberach/R. Dieser hatte klare Vorstellungen, was er mit dem Chor machen wollte. Wie unter seinem Vorgänger wurden alle Arten von Liedern oft in unbekannten Chorsätzen gesungen. Wurde Fridolin Rauscher noch deshalb  angegriffen, setzte Wolfgang Hirsch mit seinen Umsetzungen neue Maßstäbe in der Region. In Projekten, zu denen oft auch Gastsänger, Musiker und Schauspieler aus der Umgebung geholt wurden, wurde Gesang, Theater, Musik, Tanz und Kunst verknüpft. Bekannt war die Reihe „Projekt Cantar“, aber auch die anderen Projektaufführungen hatten immer guten Publikumszulauf, auch aus der Region.

Gesanglich entwickelte sich der Chor auch weiter: Stimmbildung, Atemübungen, szenisches Spiel war angesagt in den Proben. Oft wurden Texte in anderen Sprachen gesungen. Schon unter Chorleiter Rauscher gab es immer wieder einen  Kleinchor. Dieser etablierte sich unter Wolfgang Hirsch, war bekannt für sein schwieriges Liedgut. Nach 20 Jahren legte Wolfgang Hirsch zum Jahreswechsel 2014/15 seinen Dirigentenstab in Alberweiler nieder.

F: Gab es in 20 Jahren Chorleiter Wolfgang Hirsch Herausragendes?

N: Aber ja. Neue Wege zeigten die in den letzten Jahren durchgeführten Rorategottesdienste im Advent Das Liedgut der Rorate , einer  Messe in der Adventszeit mit gregorianischen, lateinischen Gesängen und Liedern aus dem 15./16.Jahrhundert,  wurde von den Sängern in Mönchskuttern gekleidet in der Kirche gesungen. Eine ganz neue Erfahrung.

Unter den Cantarprojekten stach die 1997  aufgeführte „Faszination für die Sinne“ besonders heraus.  Kernstück war die  Komposition des Japaners Kan Ishii  (1921-2009) „Der Gesang eines welken Baumes mit der Sonne“, begleitet vom Modern Symphonic Percussion Ensemble Biberach; dem Frauenchor, dem Chor Ars Vocalis und einem Streicherensemble aus Biberach. Um die Komposition reihten sich  große  Leinwandfotos passend zu vorgetragenen  Texten. An jeder der beiden  Aufführungen hielt die  Malerin Susanne Schmitt (Alberweiler) ihre Gefühle in einem übergroßen Rundbild fest. Eines davon ist heute noch im Foyer des Pfarrstadels zu besichtigen.

F: Solche großen Projekte machen doch viel zusätzliche Arbeit. Wer übernahm diese?

N: Das stimmt. Neben dem Gesang  schulterten die Sänger , oft mit Hilfe der Sängerinnen, die Werbung, Organisation, Technik , vor allem aber wurde außer dem Inhalt mit Gesang, Musik, Tanz und Multimedia die Raumgestaltung bei jedem Projekt themenbezogen neu gestaltet . Einmal waren die Zuschauer in einem Hofgebäude mit Tauben und Strohballen;  ein anderes Mal wurde wie im Rundtheater gespielt, getanzt und gesungen oder man befand sich in einer Kneipe. Die Raumgestaltung war  immer auf den Projektinhalt abgestimmt. Wir arbeiteten oft am Anschlag, aber  die  Konzerte  waren  in der Region bekannt und gut besucht – unser Lohn!

F: Machte Wolfgang  Hirsch nicht auch Projekte mit Kindern und Jugendlichen?

N: Ja . Franz Buck gründete 1978 in Alberweiler einen Kinderchor. Wolfgang Hirsch war der letzte von fünf länger aktiven ChorleiterInnen. In seiner 4 jährigen Chorleitertätigkeit gab es einen Kinderchor, die SingKids , aus dem sich dann der Jugendchor Lemons4 motion abspaltete. Beide Chöre führten Musicals auf mit denen sie zum Teil auch auf Tournee in andere Vereine gingen, wie bei „Schabernakel „ nach Westerheim. Auch hier waren neben den Eltern und den Jugendlichen die Männer des Männerchores für Kulissenbau und Praktisches gefragt. Hirsch`s  Einsatz war enorm. Neben Musicals mit den Kindern und Jugendlichen nahm er mit ihnen an Chorwettbewerben und Chorveranstaltungen  teil, richtete zweimal Jugendchortage in Alberweiler aus. Zusätzlich zur Arbeit mit dem Männerchor! Er gab 2010 die Leitung bei den „Jungen“ ab. Schon ein Jahr später wurden  beide Chöre, trotz mehrerer  Chorleiterversuche, aufgelöst. Schade!

F: Sie erwähnten vorhin die Mitarbeit der Sängerinnen. Hat der Gesangverein auch einen Frauenchor?

N: Schon 1982 gab es eine Anfrage zur Gründung eines Frauenchores an den Vorstand. Dies wurde allerdings damals verworfen. Aber 1995 erklärte  sich einer unserer Sänger, Eugen Ruess, nach Ende seiner Chorleiterausbildung, bereit, einen Frauenchor zu übernehmen. Anfangs waren es vorwiegend Frauen aus Alberweiler und Aßmannshardt, die sangen. Inzwischen hat der Frauenchor einen Ruf in der Region,  wird als Gastchor eingeladen, wirkt im Ort mit eigenen Veranstaltungen oder gemeinsam mit dem Männerchor. Mit der 4. Dirigentin, Ulrike Marquart, erhielt er auch einen Namen: Li(e)dschatten! Der Frauenchor  feierte im Oktober 2015 sein 20 jähriges Bestehen und aus dem  Männergesangverein Frohsinn  Alberweiler wurde 2001 der Gesangverein Frohsinn Alberweiler!

F: Ein Verein lebt auch von der Gemeinschaft. Was wurde dafür in den letzten 50 Jahren getan?

N: Unter allen Chorleitern gab es mal mehr mal weniger gemeinsame Aktivitäten. Seit 20 Jahren auch gemeinsam mit dem Frauenchor. Das waren zum einen die auf die Chöre direkt bezogenen Chorprobenwochenenden oder Chortage. Familienangehörige, Freunde des Vereins trafen sich bei Festen, Wanderungen oder nahmen  an den größeren Reisen, die über den Verein organisiert wurden, teil. Manchmal waren diese Reisen mit Choreinsätzen verbunden, aber nicht zwingend. So fanden längere Reisen nach Salzburg, Irland, Prag, Weimar, Südtirol, Sizilien und eine Segeltörn in Holland in den letzten 40 Jahren statt.

F: Wenn Sie zurückblicken, fällt Ihnen etwas Lustiges oder Peinliches aus den letzten 50 Vereinsjahren ein?

N: Nachdem wir – der Männerchor, im Müttergenesungsheim Dürmentingen unser Chorwochenende durchgeführt hatten, hörten wir noch lange von anderen Chören ein zweideutiges „aha, Männer im Müttergenesungsheim!!!“

Der peinlichste Vorfall liegt schon lange zurück. 1983 tagte im Pfarrstadel der „Erste Regionalverband  Donau/Iller“. Anwesend waren neben verschiedenen Bürgermeistern und Oberbürgermeister  der damalige Landrat Winfried Steuer und der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth, sowie das Radio. Der Chor sollte zum Einstieg der Tagung einige  Lieder singen. Wir hatten ausgiebig geprobt, waren uns ganz sicher und dann, dann sind wir beim ersten Lied doch dreimal „verreckt“ – haben falsch angestimmt. Im Radio war nichts zu hören- herausgeschnitten- aber peinlich war es trotzdem vor all den Honoratioren!

F: Feierlichkeiten zum 50jährigen Chorjubiläum stehen an. Was wird das sein?

N: Seit Januar 2015 haben wir einen neuen Chorleiter, Klaus Bohner, aus Ertingen. Nachdem der Männerchor in den letzten Jahren aus unterschiedlichsten Gründen zunehmend schrumpfte, nicht mehr alle Stimmen besetzt werden konnten, war Sängerwerbung angesagt. Mit dem neuen Chorleiter kamen auch neue Sänger mit unterschiedlichster Singerfahrung zum Chor. Inzwischen sind es wieder an die 15 Sänger. In Anbetracht der vielen neuen Sänger und der wenigen gemeinsamen Probezeit, wurde beschlossen, das Chorjubiläum auf das Jahr 2016 zu verschieben, dem 51. Jahr des Männergesangvereins! 2015  hatten die Frauen ja ihr 20 jähriges Jubiläumskonzert. Zwei große Veranstaltungen dicht beieinander waren schwer zu schultern So findet am So 28.2.2016 um 10 Uhr  in der Kirche St. Ulrich in Alberweiler ein Dankgottesdienst für die Gemeinde und Freunde des Vereins mit viel Gesang gestaltet vom Männerchor und Frauenchor statt.

Nächste Termine

4 Mai
Mund.art
04.05.2024 19:00
15 Jun
Konzert Filmmusik
15.06.2024 20:00